Der Bau- und BIV e.V. Blog Rohstoff-Blog für Bayern

07.03.2025 | Daten & Fakten | YP

„Mich haben schon von klein auf die großen Maschinen fasziniert“

Gesichter der Rohstoffgewinnung: Interview mit Anna Bärnreuther, Bärnreuther+Deuerlein Schotterwerke GmbH & Co. KG, Geschäftsleitung Transport

Anna Bärnreuther weiß, wie es ist, als junge Frau und Führungskraft in einer (noch) männerdominierten Branche zu arbeiten, die sich zunehmend für weibliche Fachkräfte öffnet. Im Interview teilt sie ihre Erfahrungen und betont zugleich das wichtige Miteinander der Geschlechter im Beruf. Außerdem hat sie Tipps für all diejenigen, die ihre berufliche Zukunft wie sie selbst in der spannenden, nachhaltigen Welt der Roh- und Baustoffe in Bayern sehen.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in der Roh- und Baustoffbranche gemacht?
Bisher gab es nur positive Erfahrungen, zumal ich das Gleiche mache und kann wie meine männlichen Kollegen. Als Frau beobachtet und beurteilt man(n) mich natürlich eher mit „Adleraugen“. Nach meinem Empfinden werden in der heutigen Zeit aber beiden Geschlechtern zunehmend die gleichen Chancen eingeräumt, das ist zumindest meine persönliche Erfahrung auf der Führungsebene. Dennoch bleiben ein angemessenes Level an Respekt und Wertschätzung für Frauen in technischen Berufen wie bei uns natürlich eine Herausforderung. Immerhin ist es über die Jahre schon besser geworden, wir haben eine Frauenquote von circa 14 Prozent, vor zehn Jahren waren es knapp fünf.

Gibt es ein Vorbild oder eine weibliche Führungskraft, die Sie inspiriert haben?
Ich selbst habe zwar leider nie mit ihr zusammengearbeitet, aber langjährige Mitarbeiter schwärmen von meiner Oma, also der früheren Chefin. Sie war sehr herzlich zu allen Mitarbeitern, hat sich auch für deren Familien interessiert und sich um sie gekümmert, das war damals ungewöhnlich. Diese Erreichbarkeit, dieses Führungsverständnis, diese Werte leben wir im Unternehmen bis heute. Mein Motto ist „Alle sollen gern zur Arbeit gehen“, nur so kann unsere Firma produktiv und effizient sein.

Was reizt Sie an der Rohstoff- und Baustoffbranche und was raten Sie jungen Frauen, die sich ebenfalls dafür interessieren?
Mich haben schon von klein auf die großen Maschinen fasziniert. Und ich glaube, mein Antrieb war auch, diese in vielen Bereichen „altmodische“ Branche zu modernisieren beziehungsweise deren Jobportfolio attraktiver zu gestalten und sie in der Öffentlichkeit präsenter zu machen. Eingestiegen bin ich mit einem dreimonatigen Praktikum und danach als Personalerin. Am meisten schätze ich den Umgang und „Ton“ in dieser Branche, der zwar manchmal rau ist, zugleich aber ehrlich, authentisch und offen. Aktuell faszinieren mich die neuen Technologien, die nach und nach in die Branche integriert werden, etwa KI und alternative Antriebe. Jungen Frauen rate ich dazu, die Branche einfach mal auszuprobieren, sich dafür zu interessieren und zu engagieren.

Welche Maßnahmen würden die Attraktivität der Branche für Frauen steigern?
Grundsätzlich bedarf es beider Geschlechter, aber alle Aufgaben der Rohstoffbranche können Frauen genauso gut erledigen wie Männer. Gleichzeitig schauen Frauen mit einem anderen Blick auf Probleme und bringen andere, kreative Lösungsvorschläge ein. Für die Unternehmen ist es daher sinnvoll, die Herausforderung anzunehmen und die Arbeitszeiten besser an den Alltag von Müttern anzupassen. Das gelingt mit verschiedenen Arbeitszeitmodellen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zulassen, beispielsweise mit Homeoffice überall dort, wo es möglich ist.

Mit Blick auf die Gleichberechtigung und Karrierechancen für Frauen: Wie haben Sie selbst die Entwicklung in Ihrem Unternehmen erlebt?
Vor allem lässt die Skepsis immer mehr nach. Unsere erste Lkw-Fahrerin wurde vor rund 18 Jahren noch sehr skeptisch beobachtet. Doch bereits nach wenigen Wochen gehörte sie zu den Topleuten in unserem Fahrerteam. Mittlerweile bevorzugen wir Bewerbungen von Frauen mitunter sogar, denn ein höherer Frauenanteil lockert den Umgang und die Zusammenarbeit innerhalb des Teams extrem auf, es gibt weniger Konkurrenzdenken.

Kommen wir zum Thema Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Wie trägt Ihr Unternehmen dazu bei, Rohstoffe verantwortungsvoll und nachhaltig zu fördern?
Rohstoffe können und sollten nicht einfach importiert werden, sie werden am effizientesten nahe dem Bedarfsort abgebaut und geliefert. Durch die ständige Weiterentwicklung unseres Unternehmens ermöglichen wir die optimale Erneuerung und den Ausbau wichtiger Infrastrukturen in Bayern, die es als starker Wirtschaftsstandort braucht. Diese Unabhängigkeit von Lieferketten, die von langer Hand geplant werden müssen, macht uns besonders stark. Neben der Einhaltung der strengen gesetzlichen Nachhaltigkeits- und Umweltvorgaben integrieren wir fortlaufend neue Methoden in unsere Produktion und Prozesse, um auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen im Rohstoffabbau zu reagieren. So verwenden wir möglichst viel Material, müssen wenig deponieren oder entsorgen. Dank künstlicher Intelligenz können wir unseren Fokus zudem weg von der Bürokratie hin zu neuen Technologien und Umweltschutzmaßnahmen lenken. Immer mehr Prozesse könnten per KI unterstützt werden. Das ist gerade in Zeiten von Fachkräftemangel relevant.

Apropos Fachkräfte: Welche Qualifikationen sollte der Nachwuchs der Roh- und Baustoffbranche mitbringen und wie gewinnen Sie neues Personal?
Die Qualifikation spielt längst nicht mehr die übergeordnete Rolle, elementarer ist das grundsätzliche Interesse an der Branche. Es wird immer wichtiger, Quereinsteiger fachgemäß anzulernen, fachspezifisches Training und Weiterbildung sind hier das A und O. Ich rate allen Branchenneulingen zur Neugier. Es war tatsächlich eine Herausforderung, aber wir haben unsere Firma so umstrukturiert, dass Personalmangel kein Thema mehr ist. Das ist uns vor allem durch intensives Personalmarketing gelungen, beispielsweise mit einer eigenen YouTube-Serie, in der wir über die Arbeitsplätze und die Branche aufklären. Mittlerweile haben wir uns in der Region einen Ruf aufgebaut, der regelmäßig für Bewerbungen sorgt.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft der Rohstoff- und Baustoffbranche in Bayern: Was möchten Sie mit Ihrem Unternehmen in den kommenden zehn Jahren erreichen, haben Sie eine Vision oder ein Ziel?
Ich bin die vierte Führungsgeneration und möchte einen zukunftsfähigen Betrieb an die nächste übergeben. Um die Belegschaft dafür fit zu machen, werden wir die Aus- und Fortbildung intensivieren und maximal steigern, um zukünftige Herausforderungen meistern zu können. Bezogen auf die gesamte Branche wünsche ich mir mehr Akzeptanz und Verständnis seitens der Öffentlichkeit für Rohstoffgewinnungsbetriebe wie unseren. Dieses Ziel können wir aber nur zusammen im Bayerischen Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden e. V. erreichen.