23.06.2022 | Artenschutz | VK
Gruben und Steinbrüche - ein Zufluchtsort für viele Arten: die Uferschwalbe
Wenn wir auf die Landschaft, die uns umgibt, von oben schauen, sieht alles geordnet und gezähmt aus. Es gibt kaum noch natürliche Flussauen, nur ganz wenige naturbelassene Wälder und Wiesen. Echte Wildnis? Eher Fehlanzeige. Die Landschaft um uns herum ist vom Menschen gemacht. Viele Arten finden in dieser Kulturlandschaft kaum noch Ecken und Gebiete, die ihren natürlichen Lebensbedingungen entsprechen und so sind Rohstoffgewinnungsstätten wichtige Ersatz-Lebensräume. Sie bieten nämlich kleine, flache Gewässer, vegetationslose Steilwände, Mulden und Senken und damit Ruhe-, Versteck-, Laich- und Brutmöglichkeiten.
Gruben und Steinbrüche beherbergen seltene Arten wie Uferschwalben, Flussregenpfeiffer, Uhu, Bienenfresser, Waldsandlaufkäfer, Sandschrecken, Apollofalter, Zauneidechsen, Kreuzkröten und Plattbauch-Libellen.
Schon gehört, aber noch nie gesehen? Nach und nach stellen wir sie hier vor...
Die Uferschwalbe (Riparia riparia): Sie kommt jedes Jahr im Frühjahr zurück und baut ein neues Zuhause
Auf der Roten Liste Bayern steht die Uferschwalbe als Art der Vorwarnliste, denn sie geht in ihren Beständen zurück, da ihr natürlicher Lebensraum immer knapper wird.
Uferschwalben bauen ihre Bruthöhlen in Steilwänden. Dazu legen die Männchen ca. 70 cm lange Röhre in sandigen, im besten Fall vegetationslosen und frisch abgebrochenen Steilwänden an. Die vegetationsfreien Bereiche sind für das An- und Abfliegen wichtig. Ursprünglich hatte die Uferschwalbe ihre Heimat in den Steilwänden von Uferabbrüchen an der Küste oder an Flussläufen, doch heute gibt es diesen Lebensraum kaum noch und so ist sie mittlerweile häufig in Sand-, Kies- oder Tongruben ansässig. Besonders häufig ist sie dort während oder kurz nach der aktiven Rohstoffgewinnung anzutreffen.
In den Gewinnungsstätten werden dafür häufig auch Steilwände angelegt, sodass die Uferschwalben, die im April aus ihrem afrikanischen Winterquartier zurückkommen, ihre Bruthöhlen herrichten können. Eine Besonderheit ist, dass sie jedes Jahr eine neue Bruthöhle bauen und dafür eine frische Steilwand brauchen. Am Ende der Brutröhre liegt dann die Nistkammer, in die das Weibchen Ende April bis Ende Juni ihre Eier legt.
Dass die Uferschwalbe glücklicherweise noch nicht stärker gefährdet ist, verdankt sie ihrer Anpassungsfähigkeit an einen neuen Lebensraum. In Kies- und Sandgruben hat die kleinste der europäischen Schwalben ein neues Zuhause für sich und ihre Jungen gefunden.
Steilwand, in der Uferschwalben ihre Bruthöhlen einrichten